Kandinsky – Farbe hat Form und Klang
„Auf dem blauen Grund, der ungleichmäßig gelblich umfasst ist, bildet sich in der Mitte ein rotes Pünktchen. Weiße Fäden ziehen sich aus den Ecken heraus in diesem Pünktchen zusammen. Ein grellgrünes Oval läuft in alle Richtungen auf dem blauen Grund hin und her. Nur kann es das rote Pünktchen nicht erreichen: es kommt ganz in die Nähe – je näher, desto mehr muss es sich anstrengen – prallt aber sofort wieder zurück. Es rollt dann fast entsetzt über den blauen Grund. Die weißen Fädchen zitterten und müssen manche wieder in die Ecken flüchten. Bis wieder neue Kräfte sich in ihnen bilden, dann kommen sie allmählich wieder zum roten Pünktchen. Und jedes Mal erzittert das Pünktchen in diesen Fällen, wird größer und wieder kleiner (…..)
…. Eine Anzahl bunter Flecken zeigen sich in verschiedenen Gruppierungen an verschiedenen Stellen. Das Rot ermattet. Rechts ziemlich tief, am Rand wächst schnell aus einem Punkt ein grosser grüner Kreis. Das ganze Bild dreht sich: es stellt sich auf die linke Seite, die unten wird; dann ist schon das Oben Unten geworden. Noch eine schnelle Drehung. Wieder eine. Noch und noch eine. Immer schneller. Das ganze Bild dreht sich wie ein Rad – in Geschwindigkeit zunehmend. Peitschenknalle werden hörbar. Immer lauter, schneller. Die Farben und die Laute rasen wild. Ein Schuss. Alles wird dunkel und still.“
Aus: W. Kandinsky, Violett, 1926, Satz VII Apotheose